Beim Erlernen einer Fremdsprache können wir feststellen, dass die Laute und Buchstaben einer völlig neuen Sprache bekannt vorkommen und die Bedeutung der Wörter leicht zu erraten ist. Sprachlerner können es mit ihren guten Lernstrategien oder purem Glück erklären, aber Forscher und Pädagogen wissen genau, was hinter diesem Phänomen steht – alles geschieht aufgrund des sprachübergreifenden Transfers.
Aber was genau ist sprachübergreifender Transfer? Die Antworten der Forschungen sind unterschiedlich. Während manche glauben, dass der sprachübergreifende Transfer ein Prozess ist, bei dem das spezifische Wissen einer Person von einer Sprache in eine andere übertragen wird, erklären andere ihn als ein Phänomen, das viel tiefere kognitive Mechanismen in Gang setzt, die allen Sprachprozessen zugrunde liegen. In jedem Fall sind die Ergebnisse des sprachübergreifenden Transfers in den realen Erfahrungen von Sprachlernenden gut sichtbar. Es ist der sprachenübergreifende Transfer, der dafür verantwortlich ist, dass Sprachlerner getrennte Laute, Silben und Wörter in der mündlichen Sprache einer Fremdsprache erkennen und verstehen können. Es ist auch der sprachübergreifende Transfer, der das Lesen in einer Fremdsprache erleichtert, weil die vorhandene Kenntnis einer Schrift, Prinzipien der Wort- und Satzzusammensetzung, Wortschatz und allgemeine Strategien des Leseverständnisses, wie das Entschlüsseln der unbekannten Wörter und die Schlüsse auf ihre Bedeutung, die auf den Kontextinformationen basiert, werden zwischen Sprachen übertragen, die eine Person kennt und lernt.
Interessant ist, dass nicht nur Sprecher naher Sprachen wie Englisch und Deutsch von einem sprachübergreifenden Transfer profitieren können, der sich für sie in der Fähigkeit manifestiert, Buchstaben aufgrund des ähnlichen Alphabets leicht zu erkennen, Wörter aufgrund der Wortkonstruktionsprinzipien abgleichen und aufgrund der engen grammatikalischen Regeln Sätze bilden. In vielerlei Hinsicht findet die Übertragung auch zwischen typologisch unterschiedlichen Sprachen wie Englisch und Chinesisch statt. Zum Beispiel sind englisch-chinesische zweisprachige Kinder in der Erkennung von Lauten in beiden Sprachen fortgeschritten, was für die Wortdifferenzierung und letztendlich das Lesen entscheidend ist. All dies kann aufgrund tiefer zugrunde liegender Prozesse passieren, die von verschiedenen Sprachen geteilt werden. Insgesamt ist der sprachübergreifende Transfer ein komplexes Phänomen, dank dem bilinguale Sprachlerner und Sprecher ihre Sprachen leichter bedienen können.
Cummins, J. (2000). Language, power, and pedagogy:
Bilingual children in the crossfire. Clevedon, UK: Multilingual Matters.